partly-cloudy-day

📍 Thusis

🗓️ 2025-04-22

🌡️ 21 °C

🏍️ 315 km gefahren

Der Tag begann in Meiringen mit einem kleinen, aber starken Kaffee aus dem Automaten – 2 von 5 Tassen, immerhin koffeinhaltig. Doch der Weg nach Süden war klar: über Andermatt sollte es weiter Richtung Bellinzona gehen – so der Plan.

Die Fahrt hinauf war frisch, aber oben angekommen, wärmte die Sonne nicht nur das Gesicht, sondern auch das Herz. In Andermatt gab’s dann erstmal einen echten Genussmoment: Latte Macchiato, Salami-Mutschli und ein Schoggigipfeli, serviert mit viel Sonne und Aussicht. Der Kaffee bekam volle Punktzahl – 5 von 5 Tassen – auch wenn’s ein bisschen mehr hätte sein dürfen. Als Dessert noch ein Schoko-Waffel-Leckerli dazu. Die Schweiz kann nicht nur Berge.

Gestärkt ging’s weiter – zumindest kurz. Denn bei Nätschen war Schluss. Die Straße war noch gesperrt, ein freundlicher Anwohner klärte mich auf: „Der Pass öffnet erst am Freitag.“ Also blieb nur der Weg durch den Gotthardtunnel – und der hatte es in sich: Sauna-Feeling auf zwei Rädern.

Der Gotthardtunnel gilt unter Motorradfahrern nicht umsonst als mobile Sauna. Während Autofahrer die Hitze dank Klimaanlage kaum bemerken, sitzen wir auf dem Bike mit voller Montur im heißen Fahrtwind. Der Luftzug hilft kaum – wenn die Umgebungsluft schon über 30 Grad hat, bringt auch der Fahrtwind keine echte Kühlung mehr. Die Luft ist trocken, schwer und warm wie ein Föhn. Und wer denkt, das liegt am Verkehr: Selbst im Winter wird’s nicht kälter als 27 Grad, weil über dem Tunnel bis zu 1.500 Meter warmer Fels liegen. Klingt verrückt? Ist es auch. Aber irgendwie auch legendär.

Heute war sowieso alles dabei: Von 5 bis 30 Grad – mehr Klimazone passt in keinen Tag. Neun Stunden auf dem Sattel, ständig wechselnde Temperaturen, konzentriertes Fahren in engen Kurven oder Tunnelröhren – das geht auch körperlich an die Substanz. Ich merke das heute Abend ganz deutlich. Abenteuerlich? Ja. Aber auch anstrengend.

Nach 17 Kilometern Röhre war klar: raus hier, trinken, Karte checken.

Doch die Navigation hatte heute ihren eigenen Kopf. Google Maps war überfordert, das Motorradnavi offline – und schon stand ich versehentlich auf einer LKW-Kontrollstation. Die Polizei nahm’s mit Humor und lotste mich freundlich wieder raus. Navigation ohne Internet? Abenteuer mit Bonuslevel.

Und dann: plötzlich ein ganz anderes Lebensgefühl. Nach dem Tunnel wurde aus der kühlen Alpenwelt das Tessin – mediterran angehaucht, plötzlich war alles etwas bunter, weicher, wärmer. Die Häuser wirkten italienisch, die Sprache wechselte zu Buongiorno statt Grüezi, die Straßen schlängelten sich sanft durch grüne Täler – und es blühte an allen Ecken. Ein fast schon südländisches Flair – und das mitten in der Schweiz.

In der Region um Ponto Valentino wurde es dann ernst. Die Strecke war extrem schmal und kurvig, oft gerade mal breit genug für ein Fahrzeug. Ich fuhr größtenteils im ersten Gang, denn hinter jeder Biegung konnte plötzlich Gegenverkehr auftauchen. Die Straße wand sich durch die Hänge, verlassen wirkende Häuser tauchten am Rand auf, tief unten lagen Torre und Dangio im Tal. Ein Wanderer, ein paar Autos – ansonsten war ich auf mich gestellt. Ein intensiver Abschnitt – langsam, fordernd, aber faszinierend.

Je näher ich dem Lukmanierpass kam, desto weiter wurde die Straße – aber der Verkehr blieb dünn, die Landschaft eindrucksvoll. Und dann: ein Murmeltier! Mitten im Nichts sprang es über die Straße, kurz Blickkontakt, dann war es auch schon wieder im Hang verschwunden. Ein kurzer, stiller Moment, der fast mehr sagte als jede Panoramaaussicht.

Der Lukmanierpass selbst war das landschaftliche Finale des Tages: weite Kurven, dramatische Kulisse, kaum Verkehr. Die Temperatur fiel auf etwa 5 Grad, in der Ferne zog ein Schauer durch die Berge – ich selbst blieb trocken. Die Sonne kämpfte sich zwischendurch durch die Wolken – ein großartiger Abschluss für einen Tag, der ganz anders verlief als geplant.

Am Abend erreichte ich Thusis, nicht Bellinzona wie ursprünglich gedacht. Hier wird wieder Deutsch gesprochen – und das fühlt sich nach der italienischsprachigen Schweiz fast schon wieder heimisch an.

Meine Unterkunft? Confiserie, Restaurant und B&B in einem. Was gibt’s Besseres als eine echte schweizerische Confiserie nach so einem Tag? Zur Begrüßung gab’s eine handgemachte Praline – und ganz ehrlich: das hebt die Stimmung sofort auf 100. Dazu ein Zimmer, in dem die Taschen wieder Platz finden. Das WLAN? Stark. Die Pizza bei „La Mama“? Goldrichtig. Genuss in jeder Form.

Fazit: Tunnelhitze, Navi-Katastrophen, ein Murmeltier und viele Momente für sich. Die alte Lady lief, der Tag war voller Wendungen, aber genau deshalb besonders. Und morgen? Mal sehen, was als Nächstes schiefgeht – oder einfach perfekt passt.

Details
2025-04-23 Schweiz