📍 Zell am See
🗓️ 2025-04-26
🌡️ 17 °C
🏍️ 337 km gefahren
Die Nacht war ruhig – im wahrsten Sinne. Neben dem Haus plätscherte ein Bach, das Bett war bequem (endlich mal Decke in voller Länge!), vielleicht etwas zu warm, aber definitiv erholsam. Der Morgen begann bei 6 °C, bewölkt, aber mit der Hoffnung auf Sonne. Also rauf aufs Bike, Cappuccino noch im Blut (zwei Stück beim Frühstück – geschmacklich solide 2/5), und los ging’s in Richtung Tagesziel: die Großglockner Hochalpenstraße.
Bevor ich überhaupt aufs Motorrad steigen konnte, hinterließ offenbar ein heimischer Vierbeiner seine ganz eigene Liebeserklärung: Mehrere kleine Pfotenabdrücke auf der Sitzbank meiner treuen Lady – ein tierischer Gruß zum Start in den Tag.
Apriach Höhenstraße – ganz privat
Später führte mich mein Weg zur Großglockner-Mautstation zunächst über die Apriach Höhenstraße – ein echter Geheimtipp. Kaum Autos, ein paar vereinzelte Fahrradfahrer, aber vor allem: Ruhe.
Bis auf zwei vierbeinige Straßenblockierer, die plötzlich mitten auf der Fahrbahn standen. Zwei Hunde – entspannt, aber sehr bestimmt. Wollten die etwa Maut kassieren?
Ich stellte die alte Lady ab – denn so ein Moment braucht Zeit. Helm runter, Handschuhe aus – und erstmal in aller Ruhe ein paar Streicheleinheiten verteilt. Maut bezahlt – ganz offiziell und mit Genuss. So ließ sich die Stille noch besser genießen, bevor es weiterging zur echten Schranke am Großglockner.
Großglockner? Nicht für dich, mein Freund.
Und dann: Großglockner gesperrt für Motorräder. Na toll.
Ich hielt an der Mautstation und sprach mit den Angestellten – in der Hoffnung, man würde mich doch durchlassen. Aber: Fehlanzeige. Ab heute dürfen Autos mit Sommerreifen hoch – Motorräder nicht. Echt jetzt? Die dürfen, ich nicht? Na gut. Also Plan B.
Offroad light mit Plot Twist
Das Navi lotste mich über die sogenannte alte Glocknerstraße, auch bekannt als Himmelsschleife. Erst dachte ich: Wow, schöne Nebenstrecke. Dann: Oh. Schotter. Steil. Kurvig.
Offroad light – danke Navi. Und kurz darauf: Das Navi will mich wieder hinter der Mautstation rausbringen. Hab ich ein Schlupfloch entdeckt? Fehler in der Matrix?
Doch dann traf ich auf einen schwarzen Pickup. Der Fahrer wollte mich freundlich vorbeiwinken, aber ich stoppte, stellte die alte Lady ab und wir kamen ins Gespräch. Er war der Chef der Waldarbeiter und wollte nur nachsehen, ob seine Leute noch oben im Einsatz waren.
Er sagte im schönsten österreichischen Tonfall: „Wennst den Bua mit’m Seilkran siehst und er di durchwinkt, dann fahr weiter. Aba pass auf!“
Dann hielt er kurz inne, überlegte und meinte: „Wobei… da is no a Schranken mit Kamera. Da kummst nimma durch. Do hilft nix – musst umdrahn.“
Wir redeten noch ein wenig über meine Reise, woher ich kam und wohin es noch gehen soll. Ein richtig netter Mensch – wieder so eine Begegnung, die hängen bleibt.
Also: Umdrehen. Aber nicht enttäuscht – eher dankbar. Denn kurz danach kam ja…
Die Gipperkapelle – ein Geschenk mit Umweg
Schon von oben hatte ich sie gesehen – klein, abgelegen, still, mitten in der Landschaft: die Gipperkapelle auf 1620 Metern. Aber: Kein Weg dorthin zu erkennen.
Erst ein Stück weiter entdeckte ich einen schmalen Pfad, der steil, felsig und mit losem Schotter gespickt war. Der hatte’s in sich. Sowohl runter zur Kapelle als auch später wieder rauf zur Straße war volle Konzentration gefragt.
Aber: Es hat sich gelohnt. Alleinstehend, ruhig, vollkommen still. Ich stieg ab, trat ein, und blieb einfach stehen.
Ein Ort, der sich nicht aufdrängt, sondern dich findet, wenn du bereit bist, ihn zu sehen.
Zurück in den Frühling – kurzzeitig
Wenig später Pause in Gmünd in Kärnten: 12 °C, kein Wind, Löwenzahn überall auf den Wiesen. Die Berge flacher, kein Schnee – und irgendwie fühlte sich alles wärmer an, als es war. Ein kleines Eichhörnchen flitzte über die Straße. Frühling in Reinform. Erstmal schnell stärken: Currywurst. Besser als gestern, aber da geht noch was.
Und dann kam der Asphalt…
Nach dem Abstecher ins Offroad-Abenteuer führte mich das Navi weiter – und bescherte mir eine schmale, kurvige Straße, die sich kreativ um Schlaglöcher herummogelte. Die Autobahn lief parallel, als würde sie mich auslachen. Aber: kein Verkehr, dafür Landschaft satt.
Obertauern: Kalt. Leer. Und kein Kaffee.
In Obertauern wurde es wieder winterlich: 4 °C, Schnee, geschlossene Hotels – und keine Spur von einem heißen Kaffee. Dafür ein kalter Schauer. Immerhin nicht von innen.
Ich fuhr weiter, durch Sankt Johann im Pongau – angenehme 15 °C, wieder normaler Frühling. An einer Tankstelle fand ich endlich: Eiskaffee (den hatte ich inzwischen eh im Kopf) und eine Käsestange mit Schinken. Abendessen erledigt.
Ankunft in Zell am See
Die letzten 40 Kilometer waren nur noch Formsache. Angekommen. Endlich.
Ich sortierte mein Zeug, ging noch schnell zum See, weil: Wenn man schon da ist, dann muss man auch hin. Ein paar schöne Aufnahmen gemacht – und dann rein in die Unterkunft.
Dort wartete eine Kaffeemaschine, und obwohl es schon spät war, musste noch ein Latte Macchiato sein. 2/5 Tassen – aber das war heute auch egal.
Fazit Geplant: Großglockner. Bekommen: Schotter, Waldarbeiter, Kapellen-Magie, tierische Mautkontrolleure, Löwenzahn und Höhenmeter satt. Was als klassische Pass-Etappe gedacht war, wurde zu einem dieser Tage, die man nicht plant – aber nie vergisst. Die alte Lady lief souverän. Ich lief manchmal leicht fluchend. Aber unterm Strich: alles richtig gemacht.
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