📍 Wolfsgruben
🗓️ 2025-04-24
🌡️ 21 °C
🏍️ 330 km gefahren
Der Morgen begann eisig – im wahrsten Sinne. Noch in der Schweiz, bei Tinzen, zeigte das Thermometer 4 °C. Nebel hing tief in den Bergen, und feiner Raureif setzte sich auf die Bäume – eine surreale Szenerie, irgendwo zwischen Wintermärchen und Motorradrealität. Doch es kam noch kälter: Marmorera, 2 Grad, Schneefall. Die Straßen weiß gesprenkelt, die Sicht eingeschränkt – kein typischer Frühlingstag.
Am Julierpass dann der frostige Höhepunkt: –2 Grad, Schnee, Nebel. Eine Szenerie wie aus einem Hochgebirgsdrama. Kurz darauf die Rettung: ein heißer Kaffee in La Punt – kein Geschmackswunder, aber bei 4 °C Gold wert. Aufwärmen, durchatmen, weitermachen.
Über kurvige Straßen ging es weiter – und der Tag wurde nicht nur länger, sondern auch vielfältiger. Ich habe heute gleich vier Pässe überquert:
- Julierpass – frostig und beeindruckend
- Reschenpass – inklusive Schnitzel und Kirchturm im See
- Gampenpass – mit Aussicht und flotten Kurven
- Mendelpass – Südtiroler Frühling in Reinform
Drei Länder an einem Tag – Schweiz, Österreich, Italien. Klingt nach Postkartenidylle, war aber eher ein Wechselbad aus Höhenmetern und Temperatursprüngen. Morgens bei –2 °C am Julierpass fehlte die Thermounterwäsche schmerzlich, ein paar Stunden später brannte in Südtirol bei über 20 Grad die Sonne auf meine Textilkombi. Die wurde zur mobilen Sauna – also hieß es: Winterhalstuch runter, leichtes Tuch drauf und durchhalten.
Am Mendelpass wurde es dann richtig mediterran: Die Landschaft wandelte sich, Weinreben säumten die Straße, und ein süßer, leicht herber Duft lag in der Luft – vermutlich vom ersten Austrieb der Reben oder blühendem Holunder in den Hängen. Dazu gesellten sich leuchtend gelbe Ginsterbüsche und unzählige kleine Blüten am Wegesrand. Ein Fest für die Sinne – und ein starker Kontrast zu den Schneeflocken des Morgens.
Oben im Passort dann die Überraschung: viele Gasthäuser, Hotels – aber kein Mensch zu sehen. Keine Autos, keine Stimmen, keine offenen Türen. Alles wirkte, als hätte der Winter noch nicht losgelassen – eine Geisterstadt auf Frühlingspause. Irgendwie seltsam, aber faszinierend.
Am Abend erreichte ich schließlich mein heutiges Ziel: das Hotel Drei Birken in Wolfsgruben, Ritten, Südtirol. Und das ist nicht einfach nur ein Hotel – es ist ein echter Wohlfühlort. Familiär geführt, mit viel Liebe zum Detail. Ich bestellte nur eine Kleinigkeit: die Tagessuppe. Eine Gemüsesuppe – einfach, aber sensationell gut. Und dann kam der heimliche Star des Tages: ein Latte Macchiato mit Schokoknusperbällchen. Ehrlich? 6 von 5 Tassen. Kein Witz. Der Beste der Tour.
Zum Abschluss noch ein schöner Moment: Ein einheimisches Ehepaar sprach mich beim Abendessen an. Sie hatten mein Kennzeichen gesehen – und waren neugierig, woher ich komme und wohin ich noch will. Schnell waren wir im Gespräch, sprachen übers Motorradfahren, über das Alleinreisen. Wieder so ein Moment, der zeigt: unterwegs sein verbindet.
Fazit: Drei Länder, vier Pässe, ein Schnitzel zu viel. Heute war alles dabei: Schnee, Sonne, Südtiroler Frühling und ein Latte Macchiato, der Geschichte schreibt. Die alte Lady lief zuverlässig, trotz Minusgraden und Mittagstief. Ich spüre die gefahrenen Pässe, das ständige Arbeiten auf der Maschine – aber es ist kein Müdesein, sondern ein zufriedenes, erfülltes Gefühl. Genau deshalb macht man solche Touren.